
Charakter gezeigt trotz Playoff-Aus
Die Chancen waren da, aber am Ende war es wie immer: Der VC Wiesbaden hat sich zum vierten Mal in Folge am Dresdner SC in den Playoffs zur Deutschen Meisterschaft in der 1. Volleyball Bundesliga Frauen die Zähne ausgebissen und im Modus „Best of 3“ nun auch das zweite Spiel mit 1:3 verloren. Dennoch: Die hessischen Athletinnen verließen am Samstagabend erhobenen Hauptes die heimische Halle am Platz der Deutschen Einheit, hatten sie doch über weite Strecken eine starke Partie geboten und Charakter gezeigt. Leicht hatte es der aktuelle DVV-Pokalsieger aus Sachsen jedenfalls nicht.
Das Match (aus Wiesbadener Sicht: 25:23, 16:25, 19:25, 19:25) bot lange Ballwechsel, jede Menge spannende Momente und etliche spektakuläre Flugeinlagen. 1.276 Zuschauer sahen einen VCW, der über weite Strecken auf Augenhöhe agierte und durchaus Chancen für einen weiteren Satzgewinn hatte. Dass sich am Ende der hohe Favorit als cleverer erwies, war freilich keine große Überraschung. Eine Überraschung gab es derweil an anderer Stelle: Der VfB Suhl Lotto Thüringen siegte zum zweiten Mal gegen den SC Potsdam (3:2; 3:1) und zog neben Allianz MTV Stuttgart, dem SSC Palmberg Schwerin und den Dresdnerinnen ins Halbfinale ein.
Große(r) Gala
Für den VC Wiesbaden ist – ebenso wie für den USC Münster, die Ladies in Black Aachen und die Potsdamerinnen – die Saison 2024/2025 beendet. Diese Mannschaften sind geteilte Fünfte. Sechster war der VCW nach der Hauptrunde. Einen bemerkenswerten Schlussakkord erlebten die Fans in der Wiesbadener Halle am Platz der Deutschen Einheit: Außenangreiferin Tanja Großer lieferte eine der besten Performances in ihrer Karriere ab. Sie übernahm Verantwortung, düpierte die DSC-Abwehr immer wieder (19 Punkte!) und wurde dann auch verdient als MVP in Silber ausgezeichnet (Gold: Slowenin Lorena Lorber Fijok; 19 Punkte). Da wussten die Zuschauer noch nicht, dass wenige Minuten später eine weitere Verkündung in Sachen „VCW-Urgestein“ folgen sollte …
Abschiede
Kaum ein Zuschauer verließ nach dem Matchball die Halle, denn nun stand der Abschied an – von der Saison und von Spielerinnen. VCW-Geschäftsführer Christopher Fetting und Benedikt Frank (ehemaliger VCW-Chefcoach und jetziger Sportdirektor) moderierten die Zeremonie auf dem Parkett. Drei verdiente VCW-Athletinnen beendeten mit diesem Spiel ihre Profikarriere: VCW-Kapitänin Nina Wienand Herelová (bedankte sich bei den Fans für die großartige Unterstützung während der Saison), Jonna Wasserfaller sowie Olivia Rusek. Und schließlich wurde verkündet, dass auch Tanja Großer den Verein in Richtung Ausland verlassen wird. Christopher Fetting würdigte 13 Jahre Vereinstreue, 314 Spiele und etliche MVP-Medaillen. „Ihr alle werdet immer ein Teil der VCW-Familie sein“, so der VCW-Geschäftsführer in seinem bewegenden Schlusswort. Für die vier scheidenden Athletinnen wurden auf den Leinwänden Video-Grußbotschaften von Weggefährten eingespielt. Klar, dass dabei jede Menge Tränen flossen.
(Gesonderte Pressemeldungen dazu folgen.)
Die Story zum letzten Spiel der Saison
Aufstellung. Außenangriff: Tanja Großer (19 Punkte), Olivia Rusek (Polen/USA; 9); Hannah Hartmann (1); Mittelblock: Rachel Gomez (USA; 8), Nina Wienand Herelová (Slowakei; 6), Jonna Wasserfaller (Schweden; 1), Marlene Rieger (nicht eingesetzt); Diagonal: Celine Jebens (10); Zuspiel: Ana-Marija Jonjev (Serbien; 1), Adriana Wełna (Polen); Libera: Rene Sain (Kroatien), Lilly Bietau (VCW Damen II); verletzt: Gréta Kiss (Ungarn).
Erster Satz (25:23 = 1:0)
Riesenstart für den VCW! Nach guten Aufschlägen und kompromisslosen Angriffen gingen die Hausherrinnen mit 9:3 in Führung! DSC-Cheftrainer Alexander Waibl nahm seine erste Auszeit, die der VCW postwendend mit dem ersten Blockpunkt beantwortete. Nach dem 14:11 agierte dann Dresden koordinierter und zog gleich (14:14). Die Hessinnen bekamen in dieser Phase Probleme in der Annahme. Es ging wiederholt über Einstand weiter, ehe man sich wieder einen Zweipunktevorsprung verschaffte (19:17). Tanja Großer pfefferte das Runde zum 22:21 aufs Parkett. Kurz darauf Satzbälle für den VCW! Den ersten schlug Zuspielerin Ana-Marija Jonjev ins Netz, aber dann war es vollbracht! Die Hessinnen hatten kühlen Kopf bewahrt und sich für eine prima Leistung belohnt.
Zweiter Satz (16:25 = 1:1)
Die Sachsen-Energie war nun sehr viel deutlicher zu spüren. Das Team legte bei Aufschlägen von Zuspielerin Sarah Straube ein sattes 5:0 vor. VCW-Diagonale Celine Jebens verkürzte auf 3:6, was Alex Waibl zur Auszeit veranlasste. Das VCW-System wollte allerdings angesichts der Drucks, der von der anderen Netzseite ausging, nicht mehr so recht funktionieren. Wiesbadens Coach Tigin Yağlioğlu wechselte Hannah Hartmann für Olivia Rusek ein und wieder aus. Die Angriffslösungen waren halbherzig, die Abwehr bröckelte, die Einwechslungen (Adriana Wełna, Lilly Bietau) brachten keine wesentlichen Impulse mehr. Der DSC holte sich diesen Satz in souveräner Manier mit 25:16.
Dritter Satz (19:25 = 1:2)
Nun war es der VCW, der den besseren Start hinlegte (6:3, 9:5). Alex Waibel holte seine Mädels an die Seitenlinie. Und das sollte helfen … Lorena Lorber Fijok brachte ihr Team mit einem Linien-Ass auf 8:9 heran und dann war der Ausgleich da (9:9). Tigin Yağlioğlu versuchte das Dresdner Momentum mit einer Auszeit zu stören. Das Match war nun höchst unterhaltsam und bot spektakuläre Abwehraktionen. Der VCW schaffte sich wieder ran (14:14, 18:18). Aber dann folgten Eigenfehler (18:21); Mut und Glück schwanden dahin. Die Dresdnerinnen fanden in der Crunchtime adäquate Lösungen und brachten dann auch diesen Satz nach Hause.
Vierter Satz (19:25 = 1:3)
Lange Zeit eine enge Kiste, kein Team vermochte sich nennenswert abzusetzen (10:10). Und wieder gab es spektakuläre, lange Ballwechsel. Celine Jebens stellte auf 12:10. Nach dem 14:14 verloren die Hessinnen dann zunehmend den Faden. Der DSC stellte sich cleverer an (17:22). Beim 18:22 erhoben sich die lautstark mitgehenden Zuschauer noch einmal. Das half leider nicht mehr. Ausgerechnet Tanja Großer sorgte mit ihrem Schlag in den gegnerischen Block für den Schlusspunkt (19:25) – und damit für das Aus in den Playoffs für dieses Jahr. Die Zuschauer belohnten beide Teams mit rhythmischem Klatschen.
STATEMENT
Tigin Yağlioğlu: „Das war ein großartiges Volleyballspiel. Die Mädels haben alles reingeworfen und damit den Fans nochmal eine tolle, emotionale Show geboten. Ich hätte sehr gerne mit der Mannschaft noch ein weiteres Spiel bestritten. Aber so ist es nun einmal. Jetzt atmen wir durch und richten den Blick auf die kommenden sportlichen Ziele.“
Der VCW stellt derzeit den Kader für die kommende Saison 2025/2026 zusammen. Bevor die Athletinnen in der Sporthalle am Platz der Deutschen Einheit die ersten Testspiele bestreiten, können sich die Volleyball-Fans auf ein besonderes Highlight am 6. August 2025 freuen …
Länderspiel / EM-Qualifikation in Wiesbaden
Die deutsche Frauen-Volleyballnationalmannschaft will im Sommer das Ticket für die Europameisterschaft 2026 lösen. Das letzte Qualifikationsspiel gegen die Schweiz bestreitet das Team von Bundestrainer Giulio Bregoli am 6. August 2025 ab 19:00 Uhr in der Wiesbadener Sporthalle am Platz der Deutschen Einheit. Tickets sind ab sofort hier erhältlich: